In der Villa Popken, Sitz der Tourist-Information, erhalten Sie Einblicke ist die Siedlungsgeschichte des Geestortes Hesel und in die sozialen und religiösen Zusammenhänge. Das Spektrum reicht von der Stein- und Bronzezeit bis zum Mittelalter. Ein Schwerpunkt ist die Geschichte des 1180 gegründeten Klosters Barthe, das sich im Heseler Forst befand. Der durch eine Heckenanpflanzung nachvollzogene Grundriss der Klosteranlage „Barthe“, kann im Heseler Wald besichtigt werden.
Die Samtgemeinde Hesel ist reich an Geschichte, die u.a. dank der Ostfriesischen Landschaft, gründlich erforscht und dokumentiert ist. Die Bücher von Dr. Paul Wessels und Dr. Rolf Bärenfänger über das ehemalige "Kloster Barthe", "Holtland, das wohlgebaute, große Kirchdorf", "Hesel: Wüste Fläche, dürre Wildnis und magere Heidepflanzen - der Weg vom Bauerndorf in die Moderne", die "Steerner Chronik" über Schwerinsdorf, "Gut Stikelkamp: Vom Klostervorwerk der Johanniter zur "guten Stube" des Landkreises" oder die Dorfchroniken der Kirchengemeinde Firrel: Alle Bücher können in der Gemeindebücherei ausgeliehen werden.
Herr im Heseler Wald ist Gerd Dählmann (Bürgermeister der Gemeinde Hesel).
Tourist-Information der Samtgemeinde Hesel
Leeraner Str. 1
26835 Hesel
info@urlaubsregion-hesel.de
touristik@hesel.de
a.oltmanns@hesel.de
w.kaiser@hesel.de
04950937080
Ein Mönch des Prämonstratenser Ordens des Norbert von Xanten, Rüdiger von Glückstadt hat sich auf den Weg nach Friesland gemacht, um hier nach einem geeigneten Standort für die
Gründung eines Klosters zu suchen. Ihm zur Seite steht die junge Anna-Sarah, die dem Gelehrten das Friesische übersetzt. Im 12. Jahrhundert wurde das Frauenkloster auf einem Geestrücken erbaut.
Den Heseler Wald gab es damals noch nicht. Das Gelände bestand aus Heideflächen und Moor. Nachdem es durch die Plackenbewirtschaftung zu großen Sandverwehungen kam, wurden Bäume
gepflanzt und daraus entstand der Heseler Wald, das größte zusammenhängende Waldgebiet in Ostfriesland. An die Sandverwehungen erinnern heute noch die Hügel im Wald.
Seit Sommer 2016 finden Kostüm-Führungen unter der Leitung von Prof. Rüdiger Böhlhoff aus Hesel statt. Gemeinsam mit der Studentin Anna-Sarah Kaiser erhielten 2017
zahlreiche Gäste interessante Einblicke in die Zeit des 12. Jahrhunderts..
Auch für 2018 sind Veranstaltungen und Führungen geplant:
Treffpunkt: Silbersee Heseler Wald (Oldenburger Straße, 26835 Hesel)
bei Regen in der Liudgeri Kirche, Kirchstraße, 26835 Hesel
Termine 2018: 27.05.2018, 17.06.2018, 15.07.2018, 19.08.2018, 16.09.2018, 14.10.2018
und auf Anfrage für Gruppen ab 6 Personen direkt bei Herrn Böhlhoff.
Achten Sie auf Pressemitteilungen bzw. den Veranstaltungskalender der Touristik Hesel.
So könnte es gewesen sein:
Elske, Leinenweberstochter aus Leer
1435 A.D.
„Der liebe Herrgott sei mir gnädig!“ Gerade hat mir mein Vater mitgeteilt, dass Hanno um meine Hand angehalten und er ihm bereits zugesagt habe. Ich möchte schreien vor Angst und Verzweiflung, aber das gehört sich nicht für eine junge Frau meines Standes.
Ich bin Elske, die Tochter des angesehenen Leinenwebers Gerrit aus Leer. Wir wohnen an der Großen Bleiche, nicht weit von der Kirche am Westerende, nahe beim Plythenberg. Nachdem meine Mutter vor drei Jahren gestorben ist, habe ich mich um den Haushalt und meine fünf jüngeren Geschwister gekümmert. Mit 16 Jahren sollte ich eigentlich längst verheiratet sein, aber bislang war ich für meinen Vater unentbehrlich im Haushalt, zumal er mich sogar am Webstuhl einsetzten kann, was in der Regel Männersache ist. Ich versorge gerne meine Familie und den Haushalt. Auch das Spinnen und Weben bereitet mir Freude.
Nun soll ich also Bäuerin auf der Hofstelle von Hanno aus Soltborg
werden. Ich bin schwere Arbeit gewöhnt. Das sieht man mir auch an. Ich bin groß und kräftig und Hanno glaubt gewiss, dass ich der Arbeit auf seinem Hof gewachsen bin.
Eigentlich ist Hanno eine gute Partie. Viele Frauen machen ihm schöne Augen. Er ist groß gewachsen, blond, blaue Augen und ist gesund. Er hat sogar noch fast alle Zähne. Allerdings ist er 20
Jahre älter als ich. Hanno ist ein reicher Bauer aus dem Rheiderland. Seine Frau ist 1430 an der Pest gestorben. Zu seiner Hofstelle gehören Äcker
und Weiden und Vieh. Außerdem hat er Fischereirechte an der Ems.
Wenn er einen über den Durst getrunken hat und das tut er öfter, wird er gemein zu allem, was kleiner und schwächer ist als er. Er schlägt seine Knechte, schindet sein Vieh und fällt über alles
her, was einen Rock trägt. Darum fürchte ich mich auch so vor ihm. Beim letzten Jahrmarkt hat er mir aufgelauert und mich grün und blau geschlagen, weil ich ihm nicht zu Willen sein wollte. Ich
habe mich in Grund und Boden geschämt und meinem Vater nichts von dem Vorfall erzählt. Hätte er mir überhaupt geglaubt? Nun will Hanno sich für seine
Niederlage rächen. Er will mich nur heiraten, weil ich gut für seinen Hof bin. Wenn ich ihm erst angetraut bin, kann er mit mir machen was er will. Sicher erwartet er, dass ich ihm viele Kinder
gebäre.
Hanno verlangt noch nicht einmal Mitgift, was meinen Vater natürlich sehr freut, hat er doch noch vier weitere Wichte, für deren Aussteuer er die
nächsten Jahre aufkommen muss.
Tagelang habe ich mit mir gerungen und heute das Gespräch mit meinem Vater gesucht, der immer gesagt hat, dass er mich liebt und nur mein Bestes will. Ich erzähle ihm von meinem Widerwillen gegen Hanno und bitte ihn, den Ehevertrag rückgängig zu machen. Zunächst hört er mir zu und versucht mich zu überreden. Er fürchtet die Schande und offenbar hat er sich schon ausgerechnet, dass er den Flachs für die Leinenweberei von seinem Schwiegersohn Hanno künftig billiger einkaufen kann. Er wird wütend und schreit mich an: „Wenn du zu fein bist für den ehrenwerten Hanno aus Soltborg, dann bleibt dir nur noch das Kloster. Ich habe gehört, dass die Priorin im Kloster Barthe junge Frauen mit handwerklichem Geschick gerne aufnimmt. Ich gebe dir Bedenkzeit bis zum Tag des Herrn. Überlegst du es dir nicht anders, reise ich am Montag nach Barthe und beantragte deine Aufnahme ins Kloster. Dann wirst du eben Nonne.“ Im Hinausgehen fügt er noch hinzu: „Und deine Schwester Amke heiratet Hanno. Mit 15 ist sie alt genug und sicher wir sie nicht so starrköpfig sein wie du und sich den schönen Hof ganz gewiss nicht entgehen lassen.“
Wir schreiben nun das Jahr des Herrn 1435. Am Pfingstmontag habe ich erstmals als Novizin am
Gottesdienst in der großen Klosterkirche teilgenommen. Die Kirche ist ein Backsteinbau, über
32 Meter lang und 7 ½ Meter breit. Durch den Kreuzgang betreten die Nonnen die Kirche. Auf der Nonnenempore verfolgen sie unbeobachtet den
Gottesdienst, den einer der drei Mönche, ein geweihter Priester unserer Heiligen römisch katholischen Kirche leitet.
Die 25 Konversen und ich als neue Novizin* finden ihren Platz unten im Kirchenschiff. Wir müssen darauf achten, dass wir uns in unserer Andacht nicht ablenken lassen von den schönen Buntglasfenstern im Altarbereich und den
farbigen Wandmalereien, die biblische Szenen darstellen. Solche Pracht sind wir nicht gewohnt. Niemand von uns kann sich ein Bild leisten. Das ist nur den Kirchen oder dem Adel vorbehalten.
Der Schutzpatron unserer Kirche ist der Heilige Nikolaus. Eine Statue mit Stab und Buch befindet sich auf einem Sockel im linken Kirchenschiff (Standort
erfunden).
Ich muss hart arbeiten, aber das bin ich ja gewohnt. Der Klosterplatz liegt auf einem Geestrücken. Das Gelände ist sandig. Große Heideflächen soweit das Auge reicht. Allerdings beginnt am Geestrand eine große Moorfläche. Wer sich dort nicht auskennt, sollte sich lieber fernhalten. So mancher Wanderer ist im Moor versunken.
Hier gibt nur wenig Acker- und Weideland. Die große Schafherde des Klosters darf auf Grund der
alten Triftrechte auch auf den Weiden der umliegenden Bauernhöfe grasen, was nicht allen Bauern gefällt. Von den Schafen bekommen wir Wolle und Milch, die wir zu Schafskäse verarbeiten. Das
Kloster hält auch ein paar Kühe. Butter und Käse sorgen für ein bisschen Abwechslung auf unserem kargen Speiseplan. Zu allen Mahlzeiten gibt es
Gerstenbrei und Bier aus Bagband (wurde vermutlich auch selber gebraut). Fällt die Roggenernte gut aus,
backen wir aus Roggenmehl und Sauerteig das wunderbare Klosterbrot. So man zur Verfügung hat, mischt man noch Kräuter der Saison und Gewürze darunter. Ich mag das Brot besonders gern mit in Butter gebräunten
Zwiebeln. Obst und Gemüse essen wir selten. Das Wasser aus unserm Brunnen schmeckt gut. Wir kochen
uns aus (Zitronen)Melisse oder Petersilie einen Tee. Medizinische Tees für unsere Krankenstation werden häufig benötigt.
Zum Glück gehört zum Kloster das Vorwerk Oldehave (nordöstlich, Richtung der späteren Moorkolonie Firrel). Hier gibt es fruchtbare Ackerflächen und
Meeden. Ein kleiner Wald gehört auch dazu. Das Kloster verfügt zwar über einige Zustiftungen (Terwisch bei Neuburg/Jümme im Holtlander Hammrich (Hinweis Klosterheuweg), vielleicht auch
Mönkeburg in Nortmoor, evtl. auch Ländereien im Groninger Land), ist
ansonsten aber nicht besonders begütert.
Die
Priorin gilt als sehr sparsam. Alle Einnahmen legt sie in den Klosterschatz, aus dem sie nur selten eine Münze entnimmt.
Unser Kloster Barthe ist ein Frauenkloster des Prämonstratenserordens (Gründer: Norbert von Xanten: im Traum wurde ihm eine Wiese mit einer verfallenen Kapelle gezeigt: Pratum demonstratum – Wiese / zeigen - davon leitet sich nun der Name Prémontré ab; dort gründete er mit 13 Gefährten ein Kloster)
Die Prämonstratenser leben nach den Regeln des
Norbert von Xanten in Armut, in
Gemeinschaft und mit Hilfsbereitschaft. Ora et labora – bete und
arbeite.
Auf dem kargen Sandboden kümmern wir uns neben
der Landwirtschaft um die Seelsorge der Menschen in den umliegenden Dörfern und pflegen Kranke und Gebrechliche. Fast täglich finden Schwerverletzte,
aber auch chronisch Kranke den Weg zu uns um Linderung und Heilung zu erfahren. In unserem Klostergarten wachsen viele Heilkräuter, die wir in der Krankenpflege verwenden. Schwester Hildegard konnte mit Gottes Hilfe schon viele Menschenleben retten. Aber Gott, der Herr ruft auch Seelen
heim in sein Reich.
Im Altarbereich habe ich drei Grabplatten entdeckt. Hier ruhen Menschen mit Rang und Namen, die Gott auch im Tode besonders nahe sein wollen. Die
„normalen“ Verstorbenen finden auf unserem Friedhof ihre letzte Ruhe. Erst neulich verstarb ein junger
Schafhirte an einem vereiterten Zahn. Er kam viel zu spät zu uns. Wir konnten ihm leider nicht mehr helfen. Nach einer angemessenen Zeit im
Fegefeuer, darf er im Himmel dann sehen, was er geglaubt hat.
Alle 25 Nonnen können lesen und schreiben.
Gegen einen Obolus werden die Kinder der Adeligen und reichen Kaufleute in dieser Kunst unterrichtet.
Schwester Elisabeth kann besonders schön malen. Sie schreibt die Heilige Schrift ab und verziert einzelne Buchstaben oder ganze Seiten mit besonderen Bildern, die mir manchmal große Angst einflößen. Wenn ich mir die Bilder von Menschen in der Hölle ansehe, bin ich dankbar, dass ich ein
zurückgezogenes Klosterleben führen darf. Die armen Sünder in den Dörfern und Städten tun mir unendlich leid. Wir dürfen nicht nachlassen, für ihre armen Seelen zu beten.
Hier im Kloster lebt auch Ulrike, eine Nichte des Häuptlings Okko II. tom Brook, die nach Einnahme eines Liebestrankes geistig verwirrt ist. Sie verfügt über ein eigenes Gemach und wird von ihrer ehemaligen Kinderfrau liebevoll betreut (ausgedacht, ähnliche Fälle gab es).
Unser Kloster besteht bereits seit 260 Jahren (1170 oder 1180). Heute ist es ein Frauenkloster. Vielleicht haben zunächst Mönche hier gelebt. Das habe ich noch nicht in Erfahrung bringen können. Auf jeden Fall haben wir gemeinsam mit dem Männerkloster Palmar, das liegt im Rheiderland in Finsterwolde am Dollart, einen gemeinsamen Probst. In dieser Gegend gibt es noch zwei weitere Klöster, die allerdings dem Johanniterorden angehören (in Stikelkamp und Hasselt).
Nach über einem Jahr ist mir manches immer noch fremd. Das
Verhalten meines Vaters brennt mir auf der Seele. Ich hätte so gerne mit ihm gesprochen. Doch er meidet mich. Ich fühle mich wie aus dem Nest geworfen. Meine Schwester Amke hat am Johannistag Hanno aus Soltborg geheiratet. Sie ist schwanger. Mich hat man zur
Hochzeit nicht eingeladen. Es soll ein großes Fest gewesen sein. Hoffentlich geht es ihr gut.
Meinen Vater habe ich seit meinem Eintritt ins Kloster nicht mehr gesehen. Er hat dem Kloster als Zustiftung einen Webstuhl geschenkt. Außerdem noch 10 große Tücher allerfeinstes Linnen. Das lässt sich sicher gut nach Holland verkaufen.
Die 28 ostfriesischen Klöster halten regen Kontakt und der Abt von Ihlow pflegt allerbeste Beziehungen nach Groningen.
Die Priorin erwartet von mir, dass ich mich den Klosterregeln füge und in allem gehorsam bin. Zu gegebener Zeit werde ich meine Profess, mein Heiliges Gelübde, ablegen. Bislang helfe ich auf der Krankenstation. Nun soll ich neuen Novizinnen und Laienschwestern das Leinenweben beibringen. So Gott will, hätte das wirtschaftlich arme Kloster bald eine sprudelnde Einnahmequelle, zumal das Kloster den Flachs selber anbauen könnte.
Vielleicht ist das Klosterleben doch nicht so arg. Ich kann mich mit meinen Begabungen einbringen, führe ein ruhiges, geregeltes Leben und muss mich mit keinem Mannsbild herumärgern.
Barthe Anno Domini 1435
Elske, Tochter des Gerrit, Leinenweber aus Leer
*(ein Konverse (lat. Plural: Conversi) war im mittelalterlichen Kloster ein Laienbruder/Laienschwester, der in das Kloster eintrat, um (ohne Weihen und mit verminderter Gebetspflicht) zur Entlastung der Mönche/Nonnen die körperlichen Arbeiten zu verrichten. Konversen arbeiteten als Klosterhandwerker, aber auch in der Landwirtschaft und im Garten)
Regina van Lengen, 2012